Marc hat keinen Bock mehr. Die To-Go-Verpackungen der letzten Woche stapeln sich in seiner Küche, in letzter Zeit hat er absolut keine Lust zu kochen. Absolut urlaubsreif. Aber was soll er zu Hause schon großartig machen, wenn er endlich Urlaub hat? Mit Netflix&chill die Welt retten. Essen bestellen wird er wahrscheinlich trotzdem, support your locals und so.
Einziger rätselhafter Lichtblick bleibt für ihn die Begegnung mit Alfred, dem alten Straßenreiniger, am Sonntag. Mal sehen, wie das wird. Immer wieder denkt Marc daran, nicht hinzugehen. Denn eigentlich hat er keine Lust auf einen alten Mann, der ihm erzählen will, wie die Welt funktioniert. Aber Alfred hatte so etwas Beruhigendes an sich. Außerdem lebt Marc durch sein Homeoffice schon so lange sozial völlig isoliert. Eine persönliche Begegnung, natürlich auf Abstand, würde ihm sicher guttun.
Endlich ist es Sonntag. Marc wartet ungeduldig auf der Bank, dem vereinbarten Treffpunkt, aber von Alfred keine Spur. Als er fast schon wieder verschwinden will, kommt Alfred doch noch mit seinem Gehstock um die Ecke.
„Ich habe 35 Jahre lang hier jeden Tag alles für euch sauber gemacht! Gekehrt, Müll eingesammelt und Abfalleimer geleert“, sagt Alfred. „Jeden Morgen auf’s Neue. Da kann ich heute auch mal ein bisschen zu spät kommen.“
Marc lächelt unter seiner Maske. Das Lächeln kommt bei den Augen an und ist so auch für Alfred sichtbar. „Da haben Sie recht! Aber ich hatte schon befürchtet, Sie kommen gar nicht mehr.“
„Keine Sorge, auf mich ist Verlass“, sagt Alfred bestimmt. „So, jetzt beginnt unsere kleine Zeitreise: Früher gab es elf Betriebshöfe in Hannover. Alle Aufgaben waren zusammengelegt: Müllabfuhr, Sperrmüll, Straßenreinigung und Winterdienst. Damals waren wir so etwas wie eine Familie. Wir kümmerten uns gemeinsam um unseren Bereich und halfen einander.
Der Müll musste von der Straße, egal wie. Es gab keine technische Unterstützung durch Laubblasgeräte oder Hochleistungs-Kehrmaschinen oder LKWs. Wir packten einfach an. Und nach getaner Arbeit waren die Straßen sauber. Es gab noch keine To-Go-Verpackungen. Wir tranken unseren Kaffee aus der Tasse und aßen die Bratwurst vom Teller. Pausen machten wir im Betriebshof, brachten unsere Brote von zuhause mit und spielten Skat.
Blaue und gelbe Säcke gab es auch noch nicht, die Menschen hatten gar nicht so viel zum Wegwerfen wie heute. Gelesene Zeitungen wurden weitergegeben, Kleidung von anderen aufgetragen. Gekauft wurde im Geschäft oder es wurde aus dem Katalog bestellt. Und das schriftlich mit der Bestellkarte oder per Telefon. Möbel, Autos oder Fernseher wurden noch repariert. Und jeder kannte jemanden, der etwas konnte oder hatte. Wir waren mit viel weniger zufrieden und stolz darauf, auch mal die Familie zum Essen einladen zu können.
Im Winter warteten wir zu Hause am Telefon auf den Winterdienst-Einsatz, Handys gab es noch nicht. Trotzdem waren wir damals entspannter und hatten trotz fehlender Technik mehr Zeit für uns. Heute vermisse ich die Gespräche über’s Angeln, Skatspielen und den Austausch von Reparaturanleitungen.“ Alfred schaut verträumt ins Leere.
Marc ist völlig abgetaucht und sieht den jungen Alfred förmlich mit seinen Kollegen Skat spielen. Wie anders ist doch die Welt, in der wir heutzutage leben, denkt er sich. „Das reicht für heute“, sagt Alfred und steht auf. „Lass uns doch am nächsten Adventssonntag weiterreden. Ich wüsste gerne mehr darüber, wie die Welt von heute aussieht. Ich komme gar nicht mehr hinterher.“
„Na klar! Vielen Dank, das war sehr spannend. Ich freue mich auf das nächste Mal“, antwortet Marc.
„Selbe Zeit, selber Ort“. Mit diesen Worten verabschiedet sich das ungleiche Paar und jeder geht seiner Wege. Bis zur kommenden Woche.
Einziger rätselhafter Lichtblick bleibt für ihn die Begegnung mit Alfred, dem alten Straßenreiniger, am Sonntag. Mal sehen, wie das wird. Immer wieder denkt Marc daran, nicht hinzugehen. Denn eigentlich hat er keine Lust auf einen alten Mann, der ihm erzählen will, wie die Welt funktioniert. Aber Alfred hatte so etwas Beruhigendes an sich. Außerdem lebt Marc durch sein Homeoffice schon so lange sozial völlig isoliert. Eine persönliche Begegnung, natürlich auf Abstand, würde ihm sicher guttun.
Endlich ist es Sonntag. Marc wartet ungeduldig auf der Bank, dem vereinbarten Treffpunkt, aber von Alfred keine Spur. Als er fast schon wieder verschwinden will, kommt Alfred doch noch mit seinem Gehstock um die Ecke.
„Ich habe 35 Jahre lang hier jeden Tag alles für euch sauber gemacht! Gekehrt, Müll eingesammelt und Abfalleimer geleert“, sagt Alfred. „Jeden Morgen auf’s Neue. Da kann ich heute auch mal ein bisschen zu spät kommen.“
Marc lächelt unter seiner Maske. Das Lächeln kommt bei den Augen an und ist so auch für Alfred sichtbar. „Da haben Sie recht! Aber ich hatte schon befürchtet, Sie kommen gar nicht mehr.“
„Keine Sorge, auf mich ist Verlass“, sagt Alfred bestimmt. „So, jetzt beginnt unsere kleine Zeitreise: Früher gab es elf Betriebshöfe in Hannover. Alle Aufgaben waren zusammengelegt: Müllabfuhr, Sperrmüll, Straßenreinigung und Winterdienst. Damals waren wir so etwas wie eine Familie. Wir kümmerten uns gemeinsam um unseren Bereich und halfen einander.
Der Müll musste von der Straße, egal wie. Es gab keine technische Unterstützung durch Laubblasgeräte oder Hochleistungs-Kehrmaschinen oder LKWs. Wir packten einfach an. Und nach getaner Arbeit waren die Straßen sauber. Es gab noch keine To-Go-Verpackungen. Wir tranken unseren Kaffee aus der Tasse und aßen die Bratwurst vom Teller. Pausen machten wir im Betriebshof, brachten unsere Brote von zuhause mit und spielten Skat.
Blaue und gelbe Säcke gab es auch noch nicht, die Menschen hatten gar nicht so viel zum Wegwerfen wie heute. Gelesene Zeitungen wurden weitergegeben, Kleidung von anderen aufgetragen. Gekauft wurde im Geschäft oder es wurde aus dem Katalog bestellt. Und das schriftlich mit der Bestellkarte oder per Telefon. Möbel, Autos oder Fernseher wurden noch repariert. Und jeder kannte jemanden, der etwas konnte oder hatte. Wir waren mit viel weniger zufrieden und stolz darauf, auch mal die Familie zum Essen einladen zu können.
Im Winter warteten wir zu Hause am Telefon auf den Winterdienst-Einsatz, Handys gab es noch nicht. Trotzdem waren wir damals entspannter und hatten trotz fehlender Technik mehr Zeit für uns. Heute vermisse ich die Gespräche über’s Angeln, Skatspielen und den Austausch von Reparaturanleitungen.“ Alfred schaut verträumt ins Leere.
Marc ist völlig abgetaucht und sieht den jungen Alfred förmlich mit seinen Kollegen Skat spielen. Wie anders ist doch die Welt, in der wir heutzutage leben, denkt er sich. „Das reicht für heute“, sagt Alfred und steht auf. „Lass uns doch am nächsten Adventssonntag weiterreden. Ich wüsste gerne mehr darüber, wie die Welt von heute aussieht. Ich komme gar nicht mehr hinterher.“
„Na klar! Vielen Dank, das war sehr spannend. Ich freue mich auf das nächste Mal“, antwortet Marc.
„Selbe Zeit, selber Ort“. Mit diesen Worten verabschiedet sich das ungleiche Paar und jeder geht seiner Wege. Bis zur kommenden Woche.